Zeitschrift Nr. 121, JUNI 2012
In der Nummer 121 unserer Zeitschrift finden sich u.a. folgende Themen: |
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Vorwort
„Hildegard ist eine leuchtende Gestalt.“ So sagte Karl Kardinal Lehmann aus Mainz angesichts der Mitteilung aus Rom, dass der liturgische Kult der Heiligen Hildegard von Bingen auf die ganze Weltkirche ausgedehnt wird, wodurch auch die Voraussetzung für die Ernennung zur Kirchenlehrerin geschaffen wurde.
Nunmehr haben wir mit größter Freude vernommen, dass Papst Benedikt XVI. öffentlich verkündet hat, die Heilige Hildegard am 7. Oktober 2012 zur Kirchenlehrerin zu ernennen.
Diese große Ehre wird nur wenigen Heiligen zuteil; Hildegard ist neben Theresa von Avila, Katharina von Siena und Theresia vom Kinde Jesu die vierte Frau überhaupt. Sie ist mit diesem Titel auch erst die zweite Deutsche neben Albertus Magnus (+ 1280), aber die erste deutsche Frau. Schon seit vielen Jahren laufen Bestrebungen, Hildegard zur Kirchenlehrerin zu ernennen, denen aber viele Widerstände und Skepsis gegenüber standen. Als Grund hierfür nennt Karl Kardinal Lehmann aus Mainz, dass Hildegard „gelegentlich modisch missbraucht wurde und in den Sog von Esoterikern und New-Age-Anhängern geriet. Versuche einer kirchlichen Höherbewertung, zum Beispiel durch die Ernennung zur Kirchenlehrerin, scheiterten an dieser Instrumentalisierung.“ Die Vermarktung Hildegards hat ihrer Verehrung sehr geschadet. Auf der anderen Seite erweckte der immer wieder verwendete, missverständliche Begriff „Volksheilige“ den Eindruck, als ob Hildegard von Bingen mit der Kirche nichts zu tun habe und umgekehrt. Jetzt ist endlich Klarheit geschaffen.
Schon seit vielen Jahren wussten wir darum, dass unser Papst die Heilige Hildegard besonders hochschätzt und verehrt. Er sagte bereits im Jahre 1994 noch als Josef Kardinal Ratzinger: „… Heute steht Hildegard in ihrer ganzen kühnen Universalität vor uns… Wir fühlen uns angesprochen durch ihre liebevolle Zuwendung zu den heilenden Kräften der Schöpfung, wie durch ihre vielseitige künstlerische Begabung, vor allem aber durch ihre eindringliche Glaubensverkündigung; sie ist uns daher nahe als eine Frau, die Christus in seiner Kirche liebte, aber nichts von Weltfremdheit oder Ängstlichkeit zeigt, sondern gerade von ihrer Berührung mit den Geheimnis Gottes her ihrer Zeit das rechte Wort furchtlos und frei zu sagen vermochte. In der Krise des Menschenbildes, die wir durchschreiten, hat Hildegard Wesentliches zu sagen.“
Nun sind alle Voraussetzungen geschaffen, um die wesentlichen Lebensbotschaften der Heiligen Hildegard mit ihrer Verwurzelung im christlichen Glauben weltweit zu verbreiten. Nunmehr wird es möglich, dass auch ihre Naturheilkunde und ihre Kosmologie den ihr zustehenden Platz in der christlichen Schöpfungstheologie erhalten. Neben den traditionellen Heilweisen aus den östlichen Kulturkreisen finden wir bei der Hl. Hildegard die einzige Naturheilkunde, die im christlichen Glauben begründet ist. Die Ganzheitlichkeit ihrer Sicht von Kosmos, Mensch und Gott ist nur dann wirklich „ganz“, wenn sie in den Glauben an Jesus Christus eingebettet ist und von daher seinen Sinn erhält. Wir können jetzt verstärkt darauf hinweisen, dass Hildegards ganzheitliche Medizin nicht nur auf die Verbreitung von Kochrezepten, Rezepturen und den entsprechenden Produkten beschränkt werden darf. Von Hildegard können wichtige geistige Impulse ausgehen in einer Zeit, die dringend einer Neuorientierung bedarf.
In unserer Hildegard-Gesellschaft werden wir in der bisherigen Ausrichtung bestärkt. Wir waren immer bestrebt, die Themen möglichst breit zu streuen, sei es in den Jahrestagungen, sei es in unserer Zeitschrift. Wir danken Papst Benedikt XVI. für diese großartige Aufwertung der Heiligen Hildegard.
In großer Freude grüße ich alle Hildegardfreunde!
Eure/Ihre
Hildegard Strickerschmidt
Ehrenpräsidentin
Anerkennung Hildegard von Bingens als Heilige „einzigartig“ – Ihre „Heiligkeit stand nie in Frage”
(Vatikan) Die offizielle Anerkennung der Hildegard von Bingen als Heilige der Weltkirche ist „einzigartig“. Das erklärt im Gespräch mit Radio Vatikan Kardinal Angelo Amato, der Präfekt der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungen. Zwei Gründe nennt der italienische Kurienkardinal für diese Einschätzung: Einerseits wurde das Heiligsprechungsverfahren für die 1179 verstorbenen Benediktinerin verschleppt, weil sich gerade in diesem historischen Moment die Zuständigkeiten änderten; sie gingen vom Bischof auf den Papst über. Gleichzeitig stand die Heiligkeit Hildegards von Anfang an und bis heute nie in Frage, betont Kardinal Amato.
„Die biografischen Quellen, sowohl die zeitgenössischen als auch jene nach ihrem Tod, sprechen fortwährend von Hildegard als ‚heilig‘ oder ’selig‘. Die Überzeugung von ihrer Heiligkeit wird noch verstärkt von der Verehrung ihres Grabes und ihrer Reliquien, auch von dem liturgischen Kult, der ihr mit Erlaubnis der Kirche zuteil wurde, nicht nur in Mainz, sondern auch in Trier, Speyer, Limburg und im gesamten Benediktinerorden. Weiters findet sich ihr Name bis heute im offiziellen Heiligenkalender der römischen Kirche, immer mit dem Attribut ‚heilig‘.“
Auch die Päpste selbst waren von Hildegards Heiligkeit überzeugt, betont der Präfekt. Drei davon waren in früheren Jahrhunderten mit ihrer Heiligsprechung befasst „und wollten diese auch vornehmen“, so Amato: Gregor IX., Innozenz IV. und Johannes XXII. Als „Heilige“ bezeichneten sie darüber hinaus unter anderem Pius XII., Johannes Paul II. und Benedikt XVI. Kurz, fasst Amato zusammen:
„Diese weitverbreitete und allgemeine Überzeugung [von Hildegards Heiligkeit] führte dazu, dass eine besondere Prozedur zur Heiligsprechung der Benediktinerin, die praktisch als bereits kanonisiert galt, unnötig oder gar überflüssig erscheinen mochte.“
Benedikt griff bei der nun erfolgten, quasi nachholenden Heiligsprechung Hildegards auf eine alte Form zurück, erklärte Amato. Es handle sich um eine so genannte „gleichwertige Kanonisierung“, die Papst Urban VIII. in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts entwickelt hatte und die der spätere Papst Benedikt XIV. weiterentwickelte.
„In der ‚gleichwertigen Kanonisierung‘ ordnet ein Papst an, dass ein Diener Gottes, wenn er von alters her verehrt wird und glaubwürdige Zeitzeugen seine heroische Tugend und von ihm erwirkte Wunder versichern, von der Weltkirche verehrt wird, und zwar ohne einen definitiven Richtspruch, ohne juristisches Verfahren und ohne die üblichen Zeremonien.“
Hildegard von Bingen ist nicht die einzige, der diese Form der Heiligsprechung zuteil wurde. Sie folgt dem Beispiel von Norbert, Bruno, Margarete von Schottland, Stefan von Ungarn oder Wenzel von Böhmen. Sogar noch eine weitere deutsche Theologin des Mittelalters findet sich unter den Heiligen, die „gleichwertig“ kanonisiert wurden: Gertrud von Helfta, die rund ein Jahrhundert nach Hildegard von Bingen lebte.
Was an Hildegard besonders überzeugt, das erklärt der Kurienkardinal mit der „außerordentlichen Übereinstimmung zwischen ihrer Lehre und ihrem wirklichen Leben“. Gottesfurcht und Mäßigung zeigten sich bei ihr in besonderem Maß.
„Als Autorin ihrer Visionen, als Äbtissin ihrer benediktinischen Gemeinschaft, als herausragende Gestalt in geläufigem Kontakt mit den Persönlichkeit ihrer Zeit wurde Hildegard immer mehr zu einer allgemein anerkannten Person. So konnten alle, Mitschwestern wie Beobachter von außen, die Kohärenz zwischen ihren Worten und Handlungen sehen. Hildegard brannte vor Nächstenliebe und Demut.“
Klare Worte aus Rom
Die Nachricht vom 10. Mai 2012, Papst Benedikt XVI. erkennt Hildegard von Bingen als Heilige der Weltkirche an, hat sicher bei allen Hildegardbegeisterten große Freude ausgelöst. Mitten in dieser Freude fragten sich einige, warum diese außerordentliche Ernennung in einem so bescheidenen Rahmen ohne große Feierlichkeiten stattfand.
Die Erklärung dazu ist in dem Interview von Kardinal Amato, dem höchsten Repräsentanten der für diese Frage zuständigen Kongregation im Vatikan, gegeben. Diese Kongregation legt dem Papst die wesentlichen Arbeits- und Untersuchungsergebnisse bei allen Fragen der Heiligsprechung vor.
Nach dem Antwortschreiben des Papstes an unsere Gesellschaft – wir berichteten in der März- Ausgabe 2008 darüber – haben wir auf Grund des Vorschlags und der Ermutigung von Papst Benedikt ebenfalls an Kardinal Amato geschrieben und ihn um die Klärung der Fragen zum Stand der Heiligkeit gebeten.
Für interessierte Leser/innen sei zudem der Hinweis auf verschiedene Veröffentlichungen unseres Vorstandmitglieds, dem Allgemeinarzt Klaus Peper hingewiesen, der in unserer Zeitschrift mehrfach das Thema Heiligkeit von Hildegard von Bingen bearbeitet hat und bereits 2010 wesentliche jetzt genannte Positionen beschrieb.
Katechese von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2010 (Heft 115, Dezember 2010)
Ist die Hl. Hildegard von Bingen keine „offizielle Heilige“, sondern nur eine „Volksheilige“? Folgen 1-3 (Nr. 114 / September 2010, Nr. 113 / Juni 2010, Nr. 112 / März 2010)
Dr. med. Michael Ptok, Präsident der Internationalen Gesellschaft Hildegard von Bingen
Heilen und Salben
von Stefan Rüegg, Luzern
Folgende Gedanken sind entnommen aus meinem Vortrag in Einsiedeln während der Jahrestagung vom 2.-3. September 2011. Der Bogen von ‚Heilen und Salben‘, spannt sich in meinen Überlegungen von der Antike bis in die Neuzeit. Biblische Textstellen mit Jesus werden ebenso genannt wie die benediktinische Traditionen bis zu Hildegard von Bingen.
Einleitung
Täglich pflegen wir mit Hand-, Fuss-, Gesichts- und anderen Salben unsere Haut. Viele Menschen sind davon überzeugt, dass gegen jede Krankheit ein Kraut gewachsen ist, welches sich zu einem Tee, Elixier oder einer Salbe verarbeiten lässt. Hilf- und erfolgreiche Anwendungen können unser Vertrauen in die ‚Apotheke Gottes‘ stärken, falls wir sie fachkundig nutzen.
Unsere Haut ist das grösste und schwerste Körperorgan mit 10% des Körpergewichts. Ein reizempfindliches, hochsensibles Wahrnehmungs- und Temperaturregulationsorgan mit einer semipermeablen Membran: Das heisst, unsere Haut leitet Schweiss und Schlackenstoffe von innen nach aussen und kann Arzneien von den äusseren Hautschichten nach innen in tiefere Hautgewebe leiten. Heilsame Wirkstoffe diffundieren von der Aussenhaut (Cutis) ins Unterhautgewebe (Subcutis), wo Blutkapillaren diese Substanzen aufnehmen und an den Zielort transportieren z.B. bei schmerzenden Gelenken oder Muskulaturen. Daneben sind die psycho-sozialen Wirkungen bei einer Salbung nicht zu unterschätzen, weil das Salben eine der heilsamsten Formen zwischenmenschlicher Zuwendung beinhaltet. Selbstverständlich lösen Salbungen und Massagen weitere hochkomplexe Gewebereaktionen und Reizmechanismen aus.
Begriffsklärungen: Im Brockhaus- Leipziger Ausgabe von 2005- steht zum Begriff ‚Salben’„lat. Unguentum, streichfähige Masse zum Einreiben, aus Fett, Öl, Wachs, u.a. Träger von Arzneistoffen. Kosmetisches Mittel.“ ‚Heil‘ wird definiert als „1. Rettung, Hilfe. 2. Lebenskraft des Menschen, besonders als Gabe Gottes oder der Götter, im Christentum die Erlösung,“ ‚heil sein‘ bedeutet im germanischen Ursprung „gesund, unversehrt und gerettet“, aber auch ganz, vollständig, gross und bedeutend‘. Weiter kennen wir Heilbäder, Heilerde Heilfasten und Grussformeln wie: Heil Dir. Gut Heil. Weidmanns Heil. Petri Heil. Berg Heil. Schützen Heil. Das in der Schweiz gebräuchliche Grusswort ‚Hoi‘ hat ebenfalls die Bedeutung eines ‚Heilswunsches‘ im Sinne von Glück, Gesundheit und Heilung.
1.Heilen und Salben in der ärztlichen Tradition seit der Antike …..
2. Heilen und Salben im Leben Jesu
Zu Jesu Geburt brachten die drei Weisen aus dem Morgenland ‚Gold, Weihrauch und Myrrhe‘mit, die als Heilmittel später auch in der Hildegard-Heilkunde angewendet wurden.
Jesus hat Menschen berührt, gesalbt und geheilt, aber auch umgekehrt geschah es: Menschen, die Jesus berührten, wurden geheilt, u.a. jene Frau, die an Blutfluss litt. Es folgen einige Beispiele mit den Textstellen, wie und wodurch Jesus Menschen heilte, nämlich durch:
Berührung (Mt 8.1-3 / Heilung des Aussätzigen)
Schuldvergebung (Mt 9.6-7 / Heilung des Gelähmten)
Glauben und Gottvertrauen (Lk 7.6-7 / Heilung des kranken Dieners beim Hauptmann von Kafarnaum)
Teig als Salbe (Joh 9.5-7 / Lehmteig auf Augen eines Blinden)
Wundenbehandlung bei einem überfallenen Mann durch den barmherzigen Samariter, der Öl und Wein auf jene Wunden goss und sie verband (Lk 10.33-34):
Dankgebet und Anteilnahme (Joh 11.34 -43 / Erweckung des Lazarus).
Einige besondere Salbungen an Jesus:
In Betanien (Mt 26.6-11 / Frau salbt Jesus mit wohlriechendem Öl)
Frauen am Grab (Mk 16.1).
Jesus liest aus der Schrift in der Synagoge von Nazaret (Lk 4.16-19).
Salbung der Füsse Jesu durch Öl und Tränen einer Sünderin (Lk 7.36.-38).
3. Salben und Heilen in der benediktinischen Tradition…
…
4. Heilen und Salben bei Hildegard
Aus uns überlieferten Schilderungen finde ich interessant, dass es in Hildegards Rupertsberger Kloster Platz gab für über 50 Nonnen, 7 pflegebedürftige Frauen, 2 Priester, für Gäste und Gebäude in unmittelbarer Nähe und für Angestellte des Klosters. Erwähnt werden auch eine Krankenstube und eine Apothekerkammer.
Also standen Hildegard und ihre Schwestern stets im Dienste der Kranken, ambulant und stationär, als therapeutische, medizinische und pharmakologische Pioniere.
Neben einer richtigen Lebensweise, Ernährung und Entgiftung gehört das ‚Salben‘ zu einer weiteren Gesundheitssäule der Hildegardheilkunde, den Heilmitteln. Oft werden Olivenöl und verschiedene Tierfette wie Ziegen-, Schweine-, Hirsch-, Dachs- und Bärenfett als Wirkstoffträger verwendet. Besonders faszinierend sind die Salben-Applikationen vor dem offenen Feuer wie Rautensalbe und Wermutsalbe. ….
„Gesundheit“ bei Hildegard von Bingen – Heilung als Heilsweg
Jutta Prinz, Bonn
„Fit und gesund“ zu sein, dazu fordert uns jede wohlmeinende Zeitschrift unserer Krankenversicherer auf. Werden beide Begriffe so in einem Atemzug genannt, fragt sich, was eigentlich „fit“ heißt und was dies mit unserer „Gesundheit“ zu tun hat. Und was würde Hildegard von Bingen zu dem Thema sagen, wenn es bei ihr um Gesundheit geht? …
Was die Äbtissin aber sicher noch viel kritischer sähe, ist das Versprechen der Wellness-Oasen, gleichermaßen Körper und Seele wohl zu tun. Können Wasserplätschern, ätherisches Duftöl und sanfte Massagen reichen, um ins innere Gleichgewicht zu kommen? Hier würde Hildegard ganz bestimmt Einspruch erheben.
Sehen wir, was im Gegensatz zu dieser weichgespülten Form der Innerlichkeit Hildegard für heilsam hält, welchen Weg sie uns bis heute vorschlägt (ff vgl. Klammer, S. 69/70):
Zunächst muss der Mensch Hildegard zufolge seine Verwundung bzw. Verwundbarkeit, seine „fragilitas“ wahrnehmen; die innere Leere und Heimatlosigkeit gilt es allererst anzusehen und auszuhalten. Soweit ist der Therapie-erprobte Neuzeitler sicher noch einverstanden. Dann aber folgt ein zweiter Schritt, in dem der Mensch sich vertrauensvoll nach Gott ausstreckt, seine seelischen wie körperlichen Verletzungen mit der Bitte zeigt, Gott möge diese heilen. (Spätestens hier stoßen die meisten Besucher der Wellnesshotels an ihre Grenzen). In Scivias lässt Hildegard Christus sagen „Ich bin der große Arzt für alles Siechtum und handele wie ein Arzt, wenn er den heilsbegierigen Kranken sieht.“ (SV, S. 118) Doch ist genau die letzte Formulierung entscheidend: eine „Heilsbegier“ muss da sein, eine tiefe Sehnsucht, nicht nur irgendwie funktionsfähig zu werden, sondern wieder mit Schöpfer und Schöpfung in Einklang zu kommen. Folgendes schreibt uns Hildegard vor fast 900 Jahren ins Stammbuch. „Wo aber die Frage (nach Gott, J.P.) im Menschen nicht ist, da ist auch nicht die Antwort des Heiligen Geistes.“ (SV, S. 143). Es kann demnach nur da echte Heilung erfolgen, wo der Mensch die Einladung Gottes annimmt, durch Barmherzigkeit wieder „ganz“ zu werden. Dann ist Heilung eine „restitutio“, eine „Rückführung des Menschen in den Zustand ursprünglicher Identität und Ganzheit.“ (Klammer, S. 69).
In diesem Verständnis ist also Gesundheit nicht „Wellness“ (so eine Art Rundum-Wohlfühlen) sondern ein Zustand, zu dem wir lebenslang unterwegs sind: Gesundheit ist Einklang mit dem Leben selbst. Umgekehrt ist Krankheit nicht ein Defekt, den es schnell und effektiv zu beheben gilt. Vielmehr kann Krankheit „ zu einem Ort tiefer und echter Gottesbegegnung werden. Krankheit kann dazu einladen, das Geheimnis des eigenen Lebens zu entdecken. Dies beschränkt sich nicht auf körperliche Fitness, sondern baut auf das Bewusstsein, dass wir von Gott geschaffen und geliebt sind.“ (Klammer, S. 109)
Dieses Verständnis von Krankheit und Gesundheit hat die (katholische) Kirche bis heute bewahrt; so schreibt Kardinal Josef Ratzinger im Jahr 2000, damals Präfekt der Glaubenskongregation (und heutiger Papst Benedikt der XVI.) zum Thema Krankheit und Heilung: „Die Krankheit wird von ihr (der Kirche, J.P.) als ein Mittel der Wiedervereinigung mit Christus und der geistlichen Läuterung verstanden (…) Darüber hinaus ist die Krankheit – wie auch andere menschliche Leiden – eine Situation, die besonders zum Gebet einlädt: sowohl um die Kraft, die Krankheit mit gläubigem Sinn und Hingabe an Gottes Willen anzunehmen, wie auch um die Gnade, davon geheilt zu werden.“ (s. Literaturliste)
Hier findet sich die ungebrochene Tradition, in der Hildegards Gesundheitsverständnis heute fortlebt: die Äbtissin wird auch in ihren medizinischen Schriften nicht müde zu betonen, dass die von ihr dargelegten Heilmittel nur soweit wirken, wie Gott es im Einzelfall vorsieht – ein Mittel lindert/heilt, „nisi deus nolit“ (es sei denn, Gott will nicht).
Auch wenn die Kirche sich (leider) aus dem Auftrag zur Krankenheilung weitgehend zurückgezogen hat, den Christus den Jüngern einst gab, so ist sie dennoch ein wichtiger Quell der Anregung für den Freund der Hildegardmedizin.
Wenn viele Befragte heute eher die Medizin der heiligen Hildegard als deren theologische Schriften kennen, dann birgt diese Popularität auch eine große Chance. Möglicherweise kann die Beschäftigung mit der Hildegardmedzin für manch einen Anregung sein, den zeitgenössischen Gesundheitswahn zu relativieren. Und wenn die praktische Anwendung der Rezepturen und Heilweisen der Seherin dazu beitrüge, dass Menschen von heute für ihre Genesung wieder mehr Kontakt mit den christlichen Wurzeln suchten, wäre dies ganz im Sinne der heiligen Hildegard von Bingen.
Die Akelei (Aquilegia vulgaris) Physica 1-132
Die Akeleistaude zeigt ihr erstes Grün schon Ende März, Anfang April und blüht von Mai bis Juni. Bis spät in den Herbst kann man die dreigeteilten und gefiederten sattgrünen bis violett gefärbten Laubblätter in Rosettenform finden.
Jedes Jahr ist es immer wieder eine besondere Überraschung, an welchem Standort sich die selbst aussäende Akelei ausbreitet. Die Pflanze ist sehr anpassungsfähig und wächst im Halbschatten oder auf sonnigen, kalkhaltigen Plätzen.
Die leuchtenden Blütenfarben zeigen sich in immer neuer Pracht. Von gelb über violett-blau, ultramarinblau, weinrot, pink, rosa-weiß hellblau bis hin zu fast schwarz geht die bunte Palette der nach unten gerichteten glockenförmigen zum Teil auch gefüllten Blütenköpfchen.
Erstaunlich ist, dass Hildegard v.B. diese Heilpflanze zum ersten Mal beschrieb; im späteren Mittelalter findet sie dann häufiger Erwähnung….
Hp Agnes Ptok
Die Akelei als Hildegard–Heilmittel
von Emmi Erni-Vogeler, Oberrohrdorf, Schweiz
14. April. Die grünen Akeleiblätter stehen schon ca. 10-15cm hoch im Kräutergarten.: Ist die Akelei einmal im Garten, so wuchert sie fast wie Unkraut. Blätter ernte ich stets vor der Blüte der Pflanze, um gleich daraus Akeleihonig oder -saft herzustellen. Diese sind kräftiger, wenn man sie vor der Blüte erntet.
Achtung: Blüten können schwach giftig werden, weil in ihren Samen eine Verbindung ist, aus der Blausäure entstehen kann.
Verwendete Pflanzenteile: Die grünen Blätter sind entweder roh, getrocknet, zu Pulver verrieben oder tiefgefroren zur Selbstherstellung von Heilmitteln verwendbar..
Rohe Akelei
HvB schreibt:“ … Und der, in dem Skrofeln [ geschwollene Lymphknoten]) zu wachsen beginnen, der esse oft rohe Akelei und die Skrofeln nehmen ab…
Akeleihonig
wer viel Schleim auswirft, der beize Akelei in Honig und esse sie oft, und der Schleim nimmt ab, und reinigt ihn so..”
Verwendung bei: Schnupfen, Mandelentzündung, Bronchitis, Verschleimung der Lunge, Katarrh der oberen Luftwege, bei Rachen- und Nasenwucherungen (Polypen).
Rezept: …..
Akeleisaft
ist sehr gut dosierbar und ist hilfreich. Sehr oft hat Akelei Antibiotika ersetzt, wenn man gleich zu Beginn der Krankheiten mit der Einnahme beginnt. Auch für kleine Kinder ist der Saft gut dosierbar. …
„Wer Fieber hat, der zerstosse Akelei und seihe ihren Saft durch ein Tuch, und diesem Saft gebe er Wein bei, und so trinke er oft, und es wird ihm besser gehen…“. HvB. …
Akelei-Halswickel
Bei beginnender Grippe haben sich Wickel mit frischem Akeleikraut bewährt. Akeleiblätter mit Wiegemesser fein schneiden und in feuchtes, kaltes Leinentüchlein einschlagen, Umschlag um den Hals anbringen, bis zu den Ohren hochziehen. Mit Klarsichtfolie abdecken und mit einer Wickelbandage mit Klettverschluss befestigen. Dauer: ca. 1 Std.
Buch-Rezensionen
Hildegard von Bingen – In seinem Licht,
Hermann Multhaupt,
Romanbiografie, St. Benno- Verlag, Leipzig, ISBN 978-3-7462-335-0, 9,95 €
Wer das kleine, gefällig aussehende Buch in die Hand nimmt, ist erstaunt, wie leicht es ist. Es passt in jede Tasche und fällt nicht ins Gewicht. Hermann Multhaupt schrieb eine Romanbiografie über Hildegard von Bingen, die Beachtung verdient. Im Gegensatz zu Biografien, die in sachlicher Weise historische Vorgaben beschreiben und manchmal mühsam zu lesen sind, zeichnet diese Romanbiografie ein sehr angenehmer, flüssiger Stil aus, der einen schon nach kurzer Zeit fesselt und am Lesen hält. Der große Unterschied zu den anderen, auf dem Markt befindlichen Hildegard-Romanen, besteht darin, dass hier keine Fabeleien, keine erfundenen Mordfälle oder andere prickelnde Ereignisse dargeboten werden. Diese Romanbiografie entwickelt anhand zuverlässiger historischer Quellen ein authentisches Bild der Persönlichkeit und des Werkes der Heiligen Hildegard. Ihre Menschlichkeit im Umgang mit ihren Schwestern, ihr Schwanken zwischen Angst und göttlichem Auftrag bei wichtigen Lebensentscheidungen, aber vor allem ihre seherische, visionäre Begabung werden sehr einfühlsam beschrieben. Als versierter Kenner der Zeitgeschichte führt der Autor die Leser in die Lebensumstände und die Denkweise des Mittelalters ein.
Das Buch kann all jenen empfohlen werden, die Hildegard von Bingen kennen lernen wollen, aber keine umfangreichen, schwer zu lesenden Biografien wünschen und doch gleichzeitig sicher gehen wollen, dass sie zuverlässige Informationen bekommen.
Hildegard Strickerschmidt, Dipl. Heilpädagogin
Das Heilwissen der Hl. Hildegard von Bingen
von Peter Pukownik, 1. Auflage, 264 Seiten, 19,85 €, Verlag Via Nova, 36100 Petersberg, ISBN 978- 3 – 86616 – 205 – 1,
Der Heilpraktiker Peter Pukownik gehört zu den erfahrendsten Hildegard Therapeuten, der schon auf über 30 Jahre intensiver Berufstätigkeit mit der Hildegard – Heilkunde zurückblicken kann. Älteren Mitgliedern ist er noch von seinen gut besuchten Kursen und Vorträgen bekannt. So erwarteten wir gespannt sein neues Buch; was nun erschienen ist.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Seine Ausführungen spiegeln einen reichen Erfahrungsschatz wider, der für Behandler/innen ebenso so gut zu lesen ist wie für Laien. Es ist immer wieder wertvoll, an den Erfolgen der „Altgedienten“ teilhaben zu können. In vielen einzelnen Kapiteln beschreibt Herr Pukownik Krankheitsbilder, Pflanzen, Edelsteine, Ernährungstipps, Fasten u.a. , um sie in das hildegardische Grundkonzept einer umfassenden Sicht des Menschen einzubinden. An einzelnen Punkten gibt er zudem Ausblicke in andere naturheilkundliche Ansätze, die sich in seiner langen Praxis als hilfreich erwiesen haben.
Fazit: Das Heilwissen der Hl. Hildegard von Bingen ist ein lesenswertes Buch sowohl für Einsteiger/innen als auch für Fortgeschrittene, die sicher noch den einen oder anderen neuen Hinweis finden werden.
Dr. med. Michael Ptok
Köstlichkeiten aus der Küche
Alle Rezepte von Pia Gribi, CH Oberrohrdorf, Diätköchin, Ernährungsberatung nach Hildegard von Bingen
Dinkelgriessschnitten
1L Milch
300g Dinkelgriess
1TL Salz
Muskat, Galgant
1EL Hildegardbouillon
3 Eier
50g Greyerzer oder Parmesan
Die Milch aufkochen, den Dinkelgriess einrühren, die Herdplatte ausschalten, den Deckel umgekehrt darauf geben und mit wenig kaltem Wasser auffüllen, das Ganze 20 Minuten quellen lassen und dann leicht auskühlen lassen. Die Eier aufschlagen und langsam unter die Masse rühren. Den Käse beigeben. Ein Backblech einfetten und die Masse darauf verteilen. Ca. 4 Stunden an einen kühlen Ort stellen. Vor dem Backen die Griessschnitten mit wenig geriebenem Käse bestreuen und dann bei 190°C 25 – 30 Minuten backen.
Varianten
Die fertige Griesschnittenmasse mit einem Mondausstecher ausstechen und lagenweise in eine Gratinform schichten. Mit Reibkäse bestreuen und wie oben backen.
Dazu eignet sich ein gemischter Salat oder Apfelmus.
Zur Abwechslung gebe ich in die Milch ganz klein gewürfeltes Gemüse wie Fenchel, Kürbis, Rüebli, Kohlraben, Zucchetti usw. und koche es gleichzeitig mit. Damit habe ich schon mehrmals die Kinder überlistet zum Gemüse essen.
100g Dinkelgriess können zur Abwechslung mit der gleichen Menge Maisgriess ersetzt werden.
Pikante Muffins (12 Stk.)
Wenig Rapsöl oder Palmfett
300g gehacktes Kalb-, Rind oder Pouletfleisch
1 TL Salz
1 gehackte Zwiebel
1 Karotte oder Fenchel
1 Msp Quendel
1 Msp Ysop
1 Msp Galgant
150g gemahlene Mandeln
50g Dinkelgriess
2 TL Backpulver
180g saurer Halbrahm
2 Eier
12 ganze, geschälte Mandeln
Das Öl in einer Bratpfanne heiss werden lassen. Fleisch in 2 Portionen anbraten.
Hitze reduzieren, die gehackten Zwiebeln und das klein gewürfelte Gemüse beigeben. Ca. 5 Min. dünsten. Alles mit Salz und den Gewürzen würzen. Auskühlen lassen.
In der Zwischenzeit Mandeln, Dinkelgriess und Backpulver mischen.
Den sauren Halbrahm sowie die Eier verrühren, zur Mandel/Griessmischung geben. Anschliessend die Hackfleisch/Gemüsemischung beigeben und alles zu einem weichen Teig verarbeiten. Die Füllung in die Muffin Papiere verteilen. Je eine Mandel in den Teig drücken.
Backen: Im vorgeheizten Ofen ca. 30 Min. bei 190° (Heissluft). Herausnehmen. Lauwarm oder kalt servieren. Die Muffins lassen sich sehr gut tiefkühlen!
Fischburger …